
Öffentliche WLANs – Das Ende der Störerhaftung naht
Die deutsche „Störerhaftung“ befördert die Abmahnangst vieler Firmen und behindert die Verbreitung offener WLANs. Die Störerhaftung soll im Herbst verschwinden,[i] was bereits vereinzelt für Jubel sorgte.[ii] Leider ist die Situation etwas komplizierter und WLAN-Betreiber sollten Vorsichtig an den Betrieb eines offenen WLANs herangehen…
Viele Unternehmen bieten Besuchern neben dem internen Netzwerk zusätzlich ein Gäste-WLAN. Auch bei Privaten erfreuen sich offene WLANs immer größerer Beliebtheit. Im Herbst wird die sogenannte Störerhaftung abgeschafft, eigentlich. Was das für WLAN-Betreiber ändert und welche Aspekte beim Betrieb eines Kunden- oder Gäste-WLANs beachtet werden sollten, wird im Folgenden kurz beleuchtet:
Gesetzgebungsverfahren fast abgeschlossen
Nach der Zustimmung des Bundesrates am 17.06.2016 zum Bundestagsentwurf des Zweiten Gesetzes zu Änderung des TMG (BT- Drs. 18/6745; BT-Drs 18/8645) ist die „Abschaffung der Störerhaftung“ für Betreiber offener Funknetzwerke (WLAN) eine sichere Sache. Es fehlt noch die Unterschrift des Bundespräsidenten und die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt, damit das Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft treten kann.
Was ist neu?
Die wichtigste Änderung ist ein neuer Absatz im Telemediengesetzes (TMG) in § 8, der wie folgt lautet:
„(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Diensteanbieter nach Absatz 1, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen.“
Was bedeutet diese Änderung?
Sie bedeutet, dass für jeden WLAN-Anbieter auch die Haftungsprivilegierung des § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG gilt: Auch Private und Unternehmen, die als WLAN-Betreiber Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses Netzwerk bereitstellen, haften somit nicht mehr für Rechtsverstöße ihrer Nutzer, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Der „Diensteanbieter“ hat die Übermittlung nicht veranlasst,
- den Adressaten der übermittelten Kommunikation nicht ausgewählt,
- die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert und
- der „Diensteanbieter“ stellt den Adressaten ein offenes WLAN zur Verfügung.
Letztere Voraussetzung gilt, da § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TMG eine Vorauswahl der Nutzer ausschließt. Im Umkehrschluss können daher nur offene WLANs diese Voraussetzung erfüllen. Schon die Weitergabe eines WLAN-Passworts wäre eine Nutzerauswahl, die die Haftungsprivilegierung gefährdete.[iii]
Abmahnungsgefahr gebannt?
Trotz umfassender Diskussion hat der Gesetzgeber die Frage, der Zulässigkeit von Unterlassungsansprüchen und der damit verbundenen Abmahnpraxis nicht eindeutig geregelt. Allein der Hinweis in der Gesetzesbegründung, dass die Haftungsbeschränkung auch für die im Rahmen von Abmahnungen entscheidenden Unterlassungsansprüche gelten solle, hilft hier nicht. Gesetzesbegründungen sind für Gerichte nicht bindend und damit kaum relevant. Im Klartext heißt das, dass Abmahnungen nur dann ein Ende finden, wenn die Gerichte die Gesetzesänderung in der Praxis dahingehend handhaben. Ob das passiert ist ungewiss.
Derzeitiger Betrieb von offenen WLANs
Die meisten Betreiber von WLANs setzen auf Zugangskontrollen sowie Protokollierungen und sind daher nicht offen. Wer keine Zugangskontrolle möchte und sich dennoch bestmöglich gegen die Haftungsrisiken der Störerhaftung absichern möchte, sollte folgende Tipps beachten:
- Eigenes Admin-Passwort für den Access Point (Router, etc.) vergeben. Aufschreiben und an einem sicheren Ort aufbewahren ist erlaubt.
- Schlüsselvergabe – Ändern Sie das Passwort für den Zugang zu Ihrem WLAN täglich (mind. 16 Zeichen), hierzu können Sie Passwort-Programme einsetzen. [iv]
- Vergeben sie einen undefinierbaren WLAN-Namen (SSID), der nicht auf Sie zurückzuführen ist. Vermeiden Sie Namen und Bezeichnungen, die mit Ihnen persönlich oder Ihrem Standort zu tun haben.
- WLAN außerhalb der Geschäftszeiten abschalten
- WPA2-Verschlüsselung aktivieren
- Datei- und Druckerfreigaben abschalten
- Portsperren – Eine Liste der standarisierten Ports finden Sie z.B. bei Wikipedia.[v] Nicht für notwendig befundene Dienste können blockiert werden. Im Idealfall werden grundsätzlich alle Ports gesperrt, außer die für den Geschäftsalltag notwendigen.[vi]
- Webfilter setzen – blockieren bestimmte Kategorien von Webseiten (z.B. pornographische Inhalte)[vii]
Grundsätzlich gilt derzeit:
- Man haftet als Störer, wenn man seinen WLAN-Zugang anderen zur Verfügung stellt und diese nicht darüber aufgeklärt hat, dass sie urheberrechtlich geschützte Werke nicht hochladen dürfen. Der Anschlussinhaber ist dann unterlassungspflichtig, muss Abmahnkosten zahlen und eine Unterlassungserklärung abgeben. Eine Schadensersatzpflicht besteht aber nicht.
- Ist eine Aufklärung der Nutzer dahingehend erfolgt, dass sie keine Rechtsverletzungen verüben dürfen, dann haften sie nach der bisherigen Rechtsprechung in der Regel nicht.
In jedem Fall sollte die Aufklärung möglichst dokumentiert werden, um bei Streitigkeiten beweisen zu können, dass die Nutzer Bescheid wussten, was sie machen durften und was nicht.
Fazit
Tritt die Gesetzesänderung im Herbst in Kraft, dann ist § 8 Abs. 3 TMG unmittelbar anwendbar und alle Anbieter offener WLANs können sich darauf berufen.
Bis die Rechtsprechung allerdings Klarheit zur neuen Gesetzeslage geschafft haben, sollten Private und Unternehmen bei der Einrichtung von Gäste-WLANs weiterhin Vorsicht walten lassen. Kunden- und Gäste-WLANs sollten folglich vorerst wie bisher betrieben werden. Das bedeutet insbesondere, dass neben einer protokollierten Zugangsvergabe die Nutzer über eine ordnungsgemäße Verwendung des Netzes belehrt werden müssen.
[i] Vgl.: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2016/kw22-ak-telemediengesetz/423864
[ii] Vgl. z.B.: http://www.sueddeutsche.de/digital/stoererhaftung-abmahnanwaelte-stoehnen-internetnutzer-jubeln-1.3013287
[iii] Vgl.: Hoffmann in Spindler/Schuster/Hoffmann TMG § 8 Rn. 20-28: „Der Betreiber eines Rooters und der Access Provider dürfen mit der Auswahl des Empfängers nichts zu tun haben, sondern nur einen automatisierten Dienst anbieten. Damit fallen auch diejenigen Dienstleistungen aus dem Anwendungsbereich des § 8 heraus, die mit Filterfunktionen eine Auswahl der zu erreichenden bzw. abzublockenden Empfänger bewirken.“
[iv] Vgl. http://www.heise.de/download/search?terms=Passwort+generieren#?os=WINDOWS
[v] https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_standardisierten_Ports
[vi] Das sind i.d.R. folgende Ports: 80 für Surfen im Internet mittels http; 433 für Surfen im Internet mittels https; 53 für den DNS-Dienst; 500 und 4500 für den Aufbau einer VPN-Verbindung; 110 für E-Mailempfang mittels POP3; 143 für E-Mailempfang mittels IMAP
[vii] http://www.kaspersky.com/de/internet-security-center/definitions/web-filter
Neueste Kommentare